Lasst uns nochmal über Verantwortung reden, und wie es aussieht, wenn man sie für seine Handlungen übernimmt, beziehungsweise, wie es NICHT aussieht.
Lasst uns nochmal über das Outing der IL und ihr letztes Statement sprechen, welches ein Paradebeispiel dafür ist, wie es aussieht, wenn man so tut, als würde man sich verantwortlich machen, es tatsächlich aber gar nicht tut.
Was sind die Marker?
Verantwortungsübernahme bedeutet, zu seinen Handlungen zu stehen ohne sie zu rechtfertigen, zu minimieren oder zu entschuldigen, und sich voll bewusst zu machen, wie sich diese Handlungen auf diejenigen, die davon geschädigt wurden, ausgewirkt haben. Es bedeutet, dieses Leid anzuerkennen, Reue auszudrücken und um Verzeihung zu bitten. Es bedeutet, sich für die Betroffenen verfügbar zu machen und sich zu ver-antworten, sprich, ihnen Rede und Antwort zu stehen.
Nichts davon tut die IL.
Es geht damit los, dass im ersten Absatz gesagt wird, man melde sich wieder, wenn man es für richtig halte. Das ist das Gegenteil von sich ver-antworten und verfügbar machen. Das ist mauern und abblocken, aus einer Position der Überheblichkeit heraus. Die IL hat immer noch nicht begriffen, dass sie hier nicht den Takt zu bestimmen hat.
Sie schreibt von Fehlern und von Scheitern, aber sie bleibt maximal unkonkret. Es war ihr nicht möglich, der eigenen Untersuchungsgruppe das forenische Material zur Verfügung zu stellen. Das ist nebülöses Formulieren, keine Transparenz. Es gibt kein Eingehen auf die vielen Kritikpunkte, die seit Monaten geäußert werden. Das ist nicht sich verantwortlich machen, das ist Schuldabwehrverhalten.
Dann kommen Rechtfertigungen wie „die Situation war emotional und moralisch aufgeladen“. Ja, das kann man sich vorstellen, es ist aber erst dann angebracht, über die eigenen Gründe zu reden, wenn man voll und ganz zu den Auswirkungen des eigenen Handelns gestanden hat und lückenlos aufklärt. Dem ist nicht so.
Schließlich „will und muss sie sich »entschuldigen«“. Das Wort ist denkbar schlecht gewählt. Man bittet um Entschuldigung oder Verzeihung, aber man entschuldigt sich nicht selbst. Das ist anmaßend.
Und nicht zuletzt werden auch die Kritiker:innen verunglimpft als „selbsternannt“ und „zweifelhaft motiviert“, der zivile Gerichtsprozess zum „unentschuldbaren“ Fauxpas erklärt. Hier finden wir das Schuldabwehrmotiv „Anklagen der Ankläger“. Die IL lenkt so von der Tatsache ab, dass ohne die Arbeit der Kölner Untersuchungsgruppe und der Kölner FLINTAs, die sich kritisch äußerten, einfach gar nichts aufgeklärt worde wäre; dass ohne den Gerichtsprozess und die darin notwendigen Beweise die Fälschung niemals aufgeflogen wäre, und dass man geflissentlich Fragen zu der Person, die die gefälschte Mail empfangen haben und die „Quelle“ sogar getroffen haben will, übergeht.
Zuletzt kommt man dann auf andere Sachen zu sprechen, wie etwa die gesellschaftlichen Machtverhältnisse, die ja das eigentliche Problem seien. Das ist wieder Ablenkung. Ein Text, in dem man Verantwortung übernimmt, ist nicht der Ort dafür. Wenn man darin über gesellschaftliche Machtverhältnisse sprechen möchte, dann in Bezug darauf, wie diese das eigene Versagen (die Tat) beeinflusst haben.
Das sind nur so ein paar Anmerkungen. Insgesamt liest sich der Text wie ein Versuch, durch eine Schein-Verantwortungsübernahme Kritiker:innen zu befrieden und gleichzeitig echte Verantwortungsübernahme zu vermeiden. Dafür müsste man sich schon „nackig“ machen, Rede und Antwort stehen, ansprechbar sein, mit jenen in Kontakt treten, die die ganze Arbeit der Aufklärung gemacht haben, Ungereimtheiten aufklären und das ganze Ausmaß der Schuld anerkennen (d.h. auch das Leid der Familie von C). Dann gäbe es noch Wiedergutmachung anzubieten und zu detaillieren, wie man künftig Ähnliches zu verhindern gilt.
So, wie der Text der IL daherkommt, empfinde ich ihn als ziemlich unglaubwürdig.
Interessant ist, dass sich im Verhalten der IL und den Dynamiken, die es auslöst, exakt das reproduziert, was üblicherweise im Kontext von Vorwürfen gegenüber Tatverantwortlichen passiert: erst leugnen, nicht ernstnehmen, nicht anerkennen, abstreiten, Gegenangriff. Wenn dann der Druck zu groß ist, versuchen, sich aus der Affaire zu ziehen. Schweigen. Je länger das Schweigen dauert, desto größer wird die Ungeduld und die Wut derjenigen, denen Fragen unter den Nägeln brennen. Zu den ursprünglichen Vorwürfen kommen jetzt sekundäre, die den Umgang mit dem Vorwürfen betreffen. Darauf wird mit weiterem Einmauern reagiert, was die Distanz und das Nicht-Verstehen vergrößert. Irgendwann äußert man sich dann, maximal ungelenk, was die andere Seite nur noch wütender macht.
Je früher man sich öffnet und Dialog zulässt, die Anliegen der „Anklagenden“ hört und darauf eingeht, somit versteht, welche Fehler man vielleicht gemacht hat und dazu steht, desto schneller klärt sich eine Angelegenheit. Das ist eine Binsenweisheit. In vielen Konflikten gibt es das Problem, dass die Anklagen auf eine Art geäußert werden, die es schwer macht, sie zu hören, weil sie stark verurteilend sind. Oft ist es allerdings auch so, dass die Anklage nicht gehört wird, solange sie „freundlich“ geäußert wird, so dass sich irgendwann der Ton verschärft, bis sich schließlich ein Konflikt verselbstständigt. Aus meiner Sicht kann man der Untersuchungsgruppen K3 nicht vorwerfen, dass der Ton von Anfang an zu scharf war. Insofern kann sich die IL darauf nicht zurückziehen.
Je länger das ganze dauert, desto mehr Fragen wirft es auf. Warum ist es bloß so schwer, in einen aufklärerischen Dialog mit der linken Bewegung zu treten? Was soll dieses Sich-Verstecken hinter den Mauern der eigenen Organisation?
Das sind ein paar sehr kluge und richtige Anmerkungen. Danke dafür, Rezi!