Heute erreichte mich die Nachricht, dass die Anschuldigungen, die im Sommer 22 zum «Outing» einer Person als «Täter» sexualisierter Gewalt durch die Interventionistische Linke in Köln führten, erfunden waren und auf nachweislich gefälschten Beweisen beruhen. Hier das Statement: https://gegendarstellungouting.wordpress.com/aufgedeckt-kolner-il-outing-basiert-auf-gefalschten-beweisen-und-falschen-behauptungen/
Eine unabhängige Aufklärungskomission, die seit 6 Monaten recherchierte, hat das geprüft und bestätigt: https://k3-2022.tumblr.com/
Das ist extrem gravierend. Mir fehlen echt die Worte.
Zwei Dinge möchte ich hierzu dennoch loswerden:
Erstens: Das System der Exklusionen auf Basis unüberprüfter Anschuldigungen im Namen der sog. Definitionsmacht und eines merkwürdig verstandenen Opferschutzes, kombiniert mit einer uneingestandenen Straflust, hatte immer diese enorme Schwachstelle: dass es missbraucht werden konnte, um sich unliebsamer Personen zu entledigen. Das Argument, dass Frauen* nur selten über erlittene Gewalt lügen würden, und es immer mehr echte als falsche Vorwürfe gäbe, es deshalb nicht von Belang sei, sich über erfundene Vorwürfe Gedanken zu machen, fand ich nie sonderlich überzeugend, sondern eher eine faule Ausrede, um keine besseren Lösungen suchen, nicht weiter denken zu müssen. Letztlich auch eine Ausflucht, um sich fremd bleiben zu können, nicht wirklich miteinander involviert zu sein. Und es ist naiv, zu glauben, es gäbe keine Machtkämpfe in linken Kontexten, und die hyperindividualisierten, zu Konkurenzkampf erzogenen Egos, die hier wie überall vorherrschen, würden sich dabei nicht aller Mittel bedienen, inklusive erfundener Vorwürfe.
Zweitens: In einer Restorativen Konfliktultur wäre es mglw. nicht unmöglich, aber doch erheblich viel schwerer gewesen, etwas derartiges durchzuziehen. Was auch immer der Grund für die falschen Anschuldigungen war, dieser hätte angesprochen werden können, der Konflikt hätte mglw. weit davor gelöst werden können, oder zumindest in seinen frühen Phasen durch kollektive Intervention entschärft werden können. Denn, wie in dem Statement zu lesen ist, die Eskalation hat sich über Monate aufgebaut, da hätte es viele Möglichkeiten für eine Gruppe und eine Community von Gruppen geben können, durch strukturierte restorative Gespräche zu Lösungen zu kommen. Die Fragen: wer ist betroffen und wodurch, und was brauchen alle Betroffenen und Beteiligten hätten ein Licht werfen können auf all jene, die in Mitleidenschaft gezogen wurden. All dies hätte nicht im Widerspruch zu Opferschutz gestanden, im Gegenteil, dieser hätte wirklich verfolgt und nicht nur als Vorwand benutzt werden können, wenn die Anschuldigungen echt wären, und es hätte ein so fahrlässiges und schädigendes Vorgehen auf Basis erfundener Anschuldigungen erschwert.
Vielleicht ist jetzt der Punkt gekommen, dass sich linke Strukturen die Frage stellen, wie sie eigentlich miteinander umgehen wollen, und versuchen, sich zeitgemäß auf ein abolitionistisches Fundament zu stellen. Wie das geht, und warum das kein Widerspruch zum Feminismus ist, kann man zB. bei Angela Davis, Derecka Purnell oder Ruth Wilson Gilmore nachlesen.
Wie schade dass ich erst so spät – im Zusammenhang mit dem Kölner Fall – von dieser Homepage erfahre… Toll dass es sie gibt, inklusive Kontaktmöglichkeit!!
Mein Fall ist zu alt (2015/16) um ihn jetzt nochmal auf zu arbeiten, ganz kurz, auch ich wurde als Täter bezichtigt, aus Opferschutz durfte nicht öffentlich drüber gesprochen werden. Da aus „Opferschutz“ nicht drüber gesprochen werden durfte was denn passiert ist bildeten sich natürlich Gerüchte was denn passiert sein könnte, so wurde aus der tatsächlichen Tat (anschreien, körperliche auseinandersetzung ohne Schläge und noch mehr) in der Gerüchteküche eine Vergewaltigung.
GenossInnen hatten Angst sich mit mir und dem Sachverhalt auseinander zu setzen (Täterschutz), eine Aburteilung ohne Möglichkeit sich selbst zu äussern fand statt und zog Bundesweite Platzverweise meiner Person nach sich.
Jetzt ist das alles schon einige Zeit her, ich hoffe das Menschen in ähnlichen Situationen jetzt rechtzeitig ihre Adresse bekommen.
Solche Falschbeschuldigungen zerstören Leben.
Das sexistische Übergriffe und Gewalt auch Leben zerstören muss hoffentlich nicht extra erwähnt werden.
Vielen dank für ihre arbeit!!
Hallo Rehzi,
Was von der Recherchegruppe aufgezeigt wurde ist meines Erachtens nach Folgendes:
Dass die im Verfahren vorgelegten E-Mails zum Teil gefälscht wurden bzw. dass das im Verfahren vorgelegte Foto nicht aussagekräftig ist.
Nicht mehr, und nicht weniger.
Das heißt ja nicht, dass im Verfahren alles vorgelegt wurde. Eine Möglichkeit wäre, dass nur Teile vorgelegt wurden, weil Persönlichkeitsrechte geschützt werden sollen etc.
Trotzdem ist die Konsequenz, dass die bisherige Argumentation der IL nicht passt und viele Fragen da sind.
Was mich stört ist, dass der bisherige Diskurs sehr polarisierend und wenig solidarisch ist. Die eine Seite wirft der anderen bei jeglicher Kritik am Vorgehen/Outing Täterschutz vor, die andere Seite wirft autoritäres Vorgehen, gezielte Manipulation und Lügen vor. Beides führt nicht zum Gespräch, sondern zu Feindschaft.
Ich würde mir wünschen dass die iL sich zu den Recherchen äußert, aber ich erwarte auch von der Recherchegruppe feministische Solidarität und dass anerkannt wird, dass hinter dem Handeln auch der Wunsch nach Schutz gestanden haben kann. Dieses „ihr habt gelogen dass war alles Manipulation“ finde ich auch nicht okay oder hilfreich, um ins Gespräch zu kommen, sondern genau so einen Vorwurf. Und nur wenn die Gegenseite ihren Fehler eingesteht, gibt es Redebereitschaft?
Schöner wäre es gewesen zu sagen: wir haben Fehler, manipulierte E-Mails und Unstimmigkeiten aufgedeckt, und wollen dass das Outing jetzt nochmal neu reflektiert wird.
Das ist mein Senf dazu.
So wie die Kommunikation in gewissen Email-Listen läuft, habe ich jedenfalls Angst vor beiden Seiten, und werde mich nur anonymisiert äußern.
Was denkst du dazu?
Viele Grüße
Hi Shy, du hast Recht, dass es wichtig ist, im Dialog zu bleiben. ALlerdings ist es meiner Kenntnislage nach so, dass jede Form von Dialog mit der Recherchergruppe von der IL 6 Monate lang abgeblockt wurde. Wäre die IL an Dialog interessiert gewesen, hätte diese Aufdeckung ganz anders laufen können. Und auch heute, 10 Tage nach der Aufdeckung, hüllen sie sich in Schweigen. Das ist inakzeptabel. Bevor irgendetwas passieren kann – und es gäbe viele Möglichkeiten, nun konstruktiv weiter zu machen – muss die IL allerdings sich äußern und ansprechbar sein.
Von anderen Beweisen war, auch seitens der IL, nie die Rede. Es ging immer nur um 2 Photos. Dies sind die Beweise, die sie vorgelegt haben, um sich in einem zivilen Gerichtsverfahren mit einem hohen Streitwert zu verteidigen. Theoretisch ist es möglich, dass es noch andere Sachen gibt. Wahrscheinlich ist es allerdings nicht. Es ist schon reichlich bescheuert, einem Gericht dilettantisch gefälschte Beweise vorzulegen, wenn das dann noch nicht mal die aussagekräftigen sind, mit denen man sich wirklich verteidigen kann, wäre das geradezu hirnrissig. Und wie gesagt, in ihrer Outing Kommunikation war nie die Rede von anderen Beweismitteln. Wir wissen alle nicht, was da genau warum und wie schief gelaufen ist. Manche haben sicherlich aus Schutzgedanken heraus gehandelt (ich habe allerdings schon einmal kritisiert, dass selbst wenn die Vorwürfe wahr wären, das Vorgehen absolut nicht ok war und von FLINTAs wird ja gerade kritisiert, dass das Vorgehen niemanden geschützt hat!), das kann man allerdings von denjenigen, die die Vorwürfe erfunden und die Beweise gefälscht haben, nicht behaupten. Da waren andere Motive am Werk. Und es ist ein Fehler der IL, sich da so leicht an der Nase herumgeführt haben zu lassen. Denn von Anfang an hatten Leute Zweifel und Fragen, die berechtigt waren, von Anfang an war die Kommunikation widersprüchlich, da hätte man schon mal bisschen mehr nachdenken können. Es geht ja hier nicht um einen Rauswurf aus einer Gruppe, sondern um ein bundesweites Outing im Netz mit Namen und Photo. Dafür muss man schon handfeste, schwerwiegende Gründe haben. Und bis jetzt habe ich die nicht gesehen, und jeder Zweifel, jede Kritik wurden abgeblockt und versucht mundtot zu machen. Das geht so nicht. Zu diesen Fehlern muss die IL stehen. Und dann muss man das zusammen aufarbeiten, denn ähnliche Dynamiken können woanders entstehen und gab es auch schon. Es müssen Wege gefunden werden, die feministisch, solidarisch, Opfer schützend und restorativ gleichzeitig sind. Da wartet viel Arbeit auf uns alle, die aber wichtig ist, denn sie kann zu einem ganz anderen, konstruktiven Miteinander führen.
Hallo Rehzi,
Ich stimme gerne zu, dass wir Wege finden müssen, in denen wir Betroffene feministisch und solidarisch unterstützen, und gleichzeitig Veränderung und Verantwortungsübernahme ermöglichen, wie du am Ende schreibst.
Deinen anderen Ausführungen kann ich, wie schon geschrieben, nur teilweise folgen. Weitere Hinweise auf übergriffiges Verhalten von C. waren ja Chatverläufe, in denen Details des Dates beschrieben wurden. Darüber schweigt die Gegendarstellung soweit ich weiß. Außerdem habe ich die Zahl der ohne Einvernehmen gemachten Fotos nirgends gelesen, es könnten also mehr als 2 Stück sein, und wie gesagt, es müssen nicht alle vorhandenen Fotos im Gerichtsverfahren vorgelegt worden sein.
Und ja, manche Menschen würden vermutlich in einem Gerichtsverfahren alles vorlegen, andere nicht.
Was mich an ALLEN Beiträgen, die bisher öffentlich zum Outing, Gegendarstellung etc. aufgetaucht sind, stört, ist diese ewige gegenseitige Anklage:
Einerseits soll die IL Reue zeigen und sagen dass alles falsch und manipulativ war, und sonst kann man gar nicht mehr mit denen reden. Der fehlerhafte Email-Header wird als Beweis dafür genommen dass alles erfunden war, andere Möglichkeiten werden auch gar nicht mehr in Betracht gezogen. Um eine feministische Kritik scheint es sich mir dabei nicht zu handeln, das wird zwar teilweise angeführt, aber immer nur um zu sagen wie schlimm die IL potenziell Betroffene im Stich gelassen hat, nicht um diese Betroffenen wirklich zu unterstützen. Andererseits sagt die IL, die das Outing kritisierende Seite solle nicht auf diese Art kritisieren, das wäre ja unsolidarisch, und da schwingt schon wieder der Vorwurf des Täterschutzes mit. Und es fehlt jegliche Aussage, wie die IL jetzt weiter vorgehen möchte, nachdem diese massiven Unstimmigkeiten in deren Begründung zum Outing aufgedeckt wurden. Das ist schon der Hammer.
Das alles ist für mich null vertrauenserweckend, und ehrlich gesagt keine Grundlage für eine Zusammenarbeit mit jeglicher dieser Stimmen.
Ich hab das Gefühl der IL geht es darum, ihr Gesicht zu wahren und die internen Vorgänge nicht offen legen zu müssen. Der Gegenseite geht es darum die IL als autoritär darzustellen und über technische Beweise zu sprechen, aber wo ist da der feministische Ansatz?
Ich fand und finde das öffentliche Outing von C. mit Namen und Foto im Internet falsch und fatal. Falsch, weil ich auch nicht sehe, wie dadurch nur eine potenziell Betroffene geschützt wurde, falsch, weil es nicht angemessen ist einen Namen und ein Foto lebenslänglich mit diesen Vorwürfen in Verbindung zu bringen. Da gibts keinen Platz für Veränderung. Und falsch, weil ich nicht sehe wie es zur Verantwortungsübernahme und Verbesserung der Strukturen beiträgt.
Aber wie gesagt finde ich auch die Argumentation der Gegendarstellung schwierig. Ich hab das Gefühl es ist eine Schlammschlacht um „den richtigen politischen Weg“ auf dem Rücken der Betroffenen sowie von C. – und das finde ich ehrlich gesagt inakzeptabel und schwach von allen Seiten.
Es bereitet mir fast körperliche Schmerzen, dass die IL sich nicht äußerst. Zumindest eine öffentliches Statement, dass man sich mit der neuen Informationslage befasst, wäre angebracht. Durch das laute Schweigen werden noch mehr Spekulationen in Umlauf gebracht. Wem soll das nützen?Wie die IL als Gesamtorganisation diesen Alptraum überleben will, ist mir mehr und mehr schleierhaft.